TRANSFORM

Wie ein Aufklapp-Bilderbuch entfaltet sich die wuchernde Wandinstallation vor den Augen des Betrachters. Als längliches Band, gleichsam einem Bildfries, kann man seinen Blick über das Geschehen schweifen lassen, welches in seiner ausladenden Fülle die Aufmerksamkeit des Betrachters immer wieder aufs Neue für sich beansprucht. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln ergeben die aus der Wand hervortretenden Objekte kontinuierlich neue Einzelbilder, die in sich ein stimmiges, geschlossenes Gesamtbild darstellen. Mit ihrer reliefartigen Oberfläche setzt sich die Wandarbeit intensiv mit unserer Erfahrung von Raum auseinander. Durch Schnitte und Schichtungen mehrerer Ebenen verwandelt sich das ursprünglich zweidimensionale Medium Papier im Laufe des künstlerischen Prozesses in ein dreidimensionales, bühnenbildartiges Objekt.

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Die ausgewählten Fundstücke aus Werbung, Trivialmagazinen, hauptsächlich Modezeitschriften, Clubplakaten und Bildern aus der Boulevardpresse dienen als Ausgangsmaterial. Diese wurden ausgeschnitten und zur Stabilisation auf einen festen Untergrund geklebt. In einem zweiten Schritt wurden die Bildfragmente auf dünne Holzstäbchen befestigt. Durch Neuanordnung und Kombination von Vorhandenem nehmen die Versatzstücke der Massenkultur eine neue Identität an. Die damit gewonnene kompositorische Freiheit löst Widersprüche aus, die die uns vertraute Welt auf den Kopf stellt. Die Konfrontation mit der Welt der Dinge, die wir täglich wahrnehmen und kennen, wird aus ihrem gewohnten Umfeld entnommen und neu zusammengesetzt. Das gestalterische Spiel aus Vorhandenem Neues zu entwickeln, diese hemmungslose Lust am Experimentieren, fordert zur Auseinandersetzung mit sichtbarer Wirklichkeit und subjektiven Erfahrungen heraus. Bereits existierende Bilder werden im Laufe des Schaffensprozess zu etwas Neuem zusammengefügt. Bestandteile, welche nicht zusammenpassen oder zusammengehören, bilden eine ganzheitlich neue Einheit. Die Loslösung und Befreiung des Bildmaterials von seinem ursprünglichen Kontext lässt Spielraum für Interpretationen offen. Gleichsam spiegelt das Ausgangsmaterial der Konsumwelt den gesamten visuellen Speicher der Menschheit, denn die Collage zitiert ebenso gern Arbeiten und Techniken der Kunst, wie wissenschaftliche Abbildungen oder Versatzstücke aus Popkultur und Erotika.

Das Spannungsverhältnis der vielen einzelnen Elemente, das Erzählen und Denken in Bildern und deren Kombination, ergänzt die wandgebundene Arbeit, die sowohl frei im Raum schwebend als auch bildhaft zur Wand hin orientiert ist.

Vielfach greift die Installation in den Raum aus, den sie zu besetzen und zu gestalten weiß. Deckungsgleich übereinanderlegt, verdichtet und aufgerissen, sodass obere Schichten darunter verborgene Ebenen freilegen, entsteht eine reliefartige Struktur, die den Bildträger – das Papier – in seiner Materialität sichtbar und gleichzeitig das Motiv, – das Vor-, Hintereinander oder Nebeneinander angeordnet ist, neu erfahrbar macht. Ein leichter Windhauch versetzt das Gerüst mit den filigranen Figurenornamenten in Bewegung. Dieser Sachverhalt unterstreicht den spielerisch, leicht schwebenden Eindruck der Arbeit. Von der Auflösung des Flächigen räumlichen Aspekt, der Auflösung des Bildes hin zum Objekt, zeichnet sich an der Wandfläche ein diffuses Schattenspiel ab.
DSC_2573 KopieAnziehend, irritierend, bunt, unübersichtlich, es ist immer das Unerwartete, was vom Gewohnten abweicht, was den Schock auslöst, durch welchen man den Eindruck hat, etwas lebt. Die bildhafte Vorstellungen, bzw. das neue Erkennen entsteht durch das Verrücken des Bekannten zum Unbekannten. Leicht lesbare Elemente und Figuren werden mit Dingen kombiniert, die für den Betrachter rätselhaft bleiben.
Durch wechselnde Perspektiven und das Nebeneinander von gegenläufigen Bildelementen wird eine einheitliche Logik gebrochen, die eine Widersprüchlichkeit im räumlichen Bildaufbau bewirkt. Die mediale Bilderflut mit ihren Figurenornamenten wird zu einer dreidimensionalen, skulpturalen Montage.

Das Alltägliche, scheinbar Banalerückt in den Vordergrund. Charakteristisch für die Installation, wie der Titel „Transform“ (Transformation von lat. transformare „umformen“) schon ausdrückt, ist die Umformung und der Wechsel der Form, die sich je nach Ausstellungssituation verändert. Das Spannende dabei ist, dass es keinen endgültigen Zustand gibt. Auf die jeweiligen Räumlichkeiten abgestimmt, verändern sich Strukturen und Flächen. Es entstehen ungewöhnliche Ansichten, neue Formen und Strukturen. Dabei schöpfe ich aus einem Fundus aus gesammelten und ausgesuchten Materialien, die durch die individuelle Anordnung immer neue und surreal bühnenbildartige Perspektiven dem Betrachter bieten.

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